Sei er vergessen, der sanitäre Skandal. Ein Hoch auf das Hacken am Hühnerhof! 

Den gestrigen Abend hatte ich wohlweislich mit den körperlich nur mäßig anstrengenden Tätigkeiten Liegen und Lesen (Empfehlung, auch wenn sie nur mäßig originell ist: „Gang vor die Hunde“ von Erich Kästner. Die edierte Version des kanonischen „Fabian“) verbracht. Denn die heutige Etappe sollte, auch wenn sie nur 66 km lang war, enorme Herausforderungen mit sich bringen.
Es kam mir ein bisschen so vor, als wäre dieser Abschnitt wie die finale Aufgabe in einem dieser großen Computerrollenspiele: Durch bizarre Landschaft führt der Weg, noch einmal müssen alle Kräfte und Fähigkeiten eingesetzt werden, um schließlich und endlich vor dem so lange aus der Ferne bekämpften Oberbösewicht zu stehen. Die Welt ist sehr simpel im Computerspiel, aber komplex ist sie ja schon in der Wirklichkeit.


Ganz sicher gab es am Ende keinen Bösewicht irgendeiner Art. Nur phantastische Landschaft, freundliche Menschen und einen kleinen, mit überschaubaren Mitteln angelegten und gepflegten Golfplatz (von dem im nächsten Artikel die Rede sein wird). Der Weg hingegen war beachtlich. Glücklicherweise nicht nur im Auf und Ab, von dem es reichlich gab, sondern auch rechts und links. Die Landschaft war einfach grandios. So weite Blicke, raue Berge am Horizont, braun-grün-violette Heide und sowohl weiche wie schroffe Klippen zum Meer. Das pure Glück, hier zu fahren, zu stehen und zu staunen.


Ich passierte hier auch die Landschaft, die in Bälde eine größere Veränderung erfahren dürfte. Es ist geplant, hier den ersten Weltraumflughafen auf europäischem Boden außerhalb von Russland zu errichten. So faszinierend die Idee ist und so passend die Landschaft hier für futuristische Zwecke zu sein scheint, erinnert sie doch an die typischen zunächst verlassen scheinenden Landegebiete aus diversen Science Fiction-Filmen, in denen dann zuverlässig die Komplikation hinter dem nächsten Felsen lauert: Was passiert in diesem Prozess mit der phantastischen Umgebung? Vermutlich könnte man den sicherlich gigantischen Bau als solchen noch durch geschickte Auswahl des Standortes verträglich gestalten. Aber welche Infrastruktur wird wohl nötig sein, um ein solch kolossales Vorhaben zu realisieren? Irgendwie glaube ich nicht, dass die Landstraße, teilweise Single Track Road, die hier das Gebiet erschließt, ausreichend ist, um die Schwärme an Lastwagen zu bewältigen, die für ein solches Projekt zweifellos benötigt werden. Na ja, vielleicht schaut die britische Regierung vorher nochmal nach Berlin und hinterfragt grundsätzlich, ob es überhaupt möglich ist, Flughäfen zu bauen…
Noch einmal gänzlich anders wurde die Umgebung am Loch Eriboll. Das ist ein Meeresarm, der hier 16 km tief in die Landschaft greift. Mangels einer Brücke über das 2 km breite Wasser, gilt es also, zunächst 10 km nach Süden und dann wieder knapp 14 km in die andere Richtung zu radeln.

Wie auf dem Rest der Strecke hier oben auch, gab es sehr wenig Verkehr und der Wind war in südlicher Richtung, vermutlich aufgrund der schützenden Hügel, kaum zu spüren und schob dafür aber kräftig nach Norden, so dass dieser Abschnitt sehr angenehm zu radeln war, trotz ziemlich dauerhaften vertikalen Richtungswechsels.
Kurz vor Schluss ging es dann nochmal steil bergauf und noch steiler bergab. Heute freute ich mich auf mein B&B, das oft gelobt wurde. Und tatsächlich war es bei Sarah und Neil ganz wunderbar. Das Zimmer war so gut wie neu eingerichtet, das Bad ein Traum und ich konnte die geschundenen Beine hochlegen und dabei eine uralte Zusammenfassung des Ryder Cups von 2010 in Wales sehen, während ich ein wenig an Artikeln für cycgo.de schrieb. Sollte es mal jemanden in die Gegend hier ziehen – was ich dringend empfehle – dann ist das Churchend Cottage die geeignete Unterkunft!

Dieser Tagesabschnitt bekommt aufgrund der Star Trek-Landschaft den Unbekanntes-Mitglied-des-Außenteams-das-ganz-sicher-stirbt-Gedächtnispreis in Platin. Ein großartiger Tag!

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