Nach dem anstrengenden Tag gestern war heute ein Ruhetag angesagt. Die Nacht blieb relativ frei von Besonderheiten, wenngleich sich die Entdeckung, dass ein Buff auch deswegen ein unverzichtbarer Ausstattungsgegenstand für den Radwanderer von Welt ist, weil er als nahezu blickdichter Augen- und gleichzeitiger Ohrenschutz für die Nacht dienen kann, in den kommenden Wochen sicher noch als wertvoll herausstellen wird.

Notwendig wurde diese Entdeckung, weil ich mein Zelt zwar leidlich sicher und schnell, aber direkt unter einer Laterne aufgestellt hatte die ab 21:30 Uhr den Zeltplatz erhellte. Angesichts des Wetters und meines Müdigkeitsgrades war ein Versetzen des Zeltes völlig ausgeschlossen. Um also endlich in bleiernen Schlaf fallen zu können, zog ich mir das Röhrentuch, das unter Outdoor-Experten als Schweizer Taschenmesser unter den Stofffetzen gilt, einfach doppelt gerollt über die Augen und schon war es dunkel. Kaum 10 Sekunden später muss ich eingeschlafen sein.

Nach tiefem Schlaf war ich bester Dinge, als ich wach wurde. Erste zaghafte Bewegungstests ergaben, dass die Knie die gestrige Etappe scheinbar gut verarbeitet hatten. Das energische Klopfen auf dem Zeltdach ließ mich allerdings sofort von der Option Abstand nehmen, heute doch noch eine weitere Radetappe zu machen. Lieber wollte ich mir ein nettes Café suchen, ein bisschen rumhängen und später den James Braid-Platz in Stranraer spielen. Nachmittags sollte das Wetter nämlich aufklaren.
Das Café zu finden stellte sich als einfache Aufgabe heraus. Im Ort gibt es das Fig&Olive, das von der herzlichen und einladenden Maria betrieben wird. Sie kam vor einigen Jahren mit ihrem Mann, der an der hiesigen Schule unterrichtet, aus Australien und dachte sich: Wie schwierig kann es sein, hier ein Café mit einigermaßen guter Küche zu führen. Recht schwierig, dachte sie dann in der Anfangszeit, aber mittlerweile scheint es gut zu laufen. Ich war mehrere Stunden dort und genoß die entspannte Atmosphäre. Während dieser Zeit war es permanent gut besucht und den überdurchschnittlich gute Speisen wurde viel Aufmerksamkeit und Zuspruch gewidmet. Ich war eigentlich nur auf der Suche nach Bohnen, Eiern und Würstchen, der Grundlage eines jeden nahrhaften Frühstücks, aber ich bekam: Avocadocreme und Hummus auf hausgemachtem Sauerteigbrot (!) mit einem pochierten Ei, natürlich von glücklichen Hühnern der Region, die geradezu dankbar dafür sind, dass man ihre Erzeugnisse zu Frühstück verarbeitet und niemals zur Produktion gezwungen werden; es geht sogar das Gerücht, das in naher Zukunft eine betriebliche Mitbestimmung auf die Hühnerbeine gestellt werden soll. Beispielhaft! Der nachfolgende Scone war dann auch noch prima. Großartiges Frühstück!

Und dann erzählte Maria mir noch von warmshowers.org. Das ist eine Website, die den Versuch unternimmt, Radwanderer zueinander zu führen, damit sie sich gegenseitig Unterschlupf gewähren. Mal sehen, inwiefern mir das auf den kommenden Etappen noch hilfreich sein wird. Im Übrigen wies sie mich noch auf die Radtrikots an der Wand hin. Ihr Mann hatte vor einiger Zeit aus Langeweile im Ort und Umgebung ein Radteam gegründet und daher war das Fig&Olive eine Art Vereinslokal. Tatsächlich kamen in der nächsten Stunde noch zwei Radfahrer mit genau diesen Trikots herein und genoßen einen besonders guten Kaffee. Der Tag tat weiter, was Tage so zu tun pflegen, nämlich vergehen. So gegen 3 hörte der Regen wirklich auf und ich machte mich langsam auf, die Golfrunde in Angriff zu nehmen. Ich war nicht wirklich überrascht, dass ich den Golfplatz an einem Sonntagnachmittag relativ leer vorfand. An der Bar entrichtete ich meinen Obolus und schon konnte es losgehen.
James Braid ist eine ziemliche Golflegende. Er hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts fünfmal die Open gewonnen. Mindestens ebenso einflussreich ist er als Architekt von Golfplätzen. Ich bin ein sehr großer Fan des Platzes in Brora, nördlich von Inverness, der zu den besten Werken Braids zählt. Dort ist der Sitz der James-Braid-Society, die den Versuch unternimmt, das Werk von Braid in Ehren zu halten. Daneben hat er aber auch im berühmten Gleneagles gewirkt und dort den Queen’s und den King’s Course entworfen; als ewiges verborgenes Schmuckstück gilt Boat of Garten im Spey Valley. Ein sehr hübscher Parklandkurs, der sich vor den häufig noch schneebedeckten Hügel der Cairngorms als Hintergrundkulisse inszeniert.
Der Kurs in Stranraer hat definitiv Spaß gemacht, aber es wäre wohl den anderen genannten Plätzen gegenüber nicht ganz fair, ihn in diesem Kreis zu bewerten. Es gab einige wirklich ansehnliche und gut angelegt Löcher mit erhöhten Grüns und strategischen Überlegungen durch verschiedene Optionen bei der Gestaltung des Abschlags. Außerdem kann man wohl nicht wirklich einen Platz schlecht finden, der auf mindestens der Hälfte der Löcher den Blick auf den Atlantik und die Fähren nach Irland präsentiert. Aber der Platz war leider in seiner geteilten Rolle zwischen Meer und Park gefangen und konnte beidem nicht zu 100% gerecht werden. Macht aber alles nichts: cycgo ist jetzt wirklich in Schottland angekommen, die erste ernsthafte 18 Loch Runde ist gespielt und es war ein äußerst lauschiger Abend. Hoffentlich folgen noch viele Runden dieser Art!

 

Die Ergebnisse des heutigen Spieltages:
Regen vs. cycgo: 1:1
cycgo vs. Stranraer Golfclub: 3:4
Laternenlicht vs. cycgo: 1:3.

Kommentare   

#1 Maurice 2018-10-29 13:35
:D
Boat of Garden .........da war doch was.
Brora........da war doch was ...........

Wunderbar !!!!!!

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