Eine erfrischende Nacht, gefolgt von einem feinen Frühstück. Das B&B habe ich im letzten Artikel schon gelobt. Man merkt, dass Sarah einfach alles etwas besser macht. Der Kaffee ist aromatischer, der Obstsalat frischer, es gibt leckeren Räucherlachs zum Frühstück. Ich mag es hier und finde es noch betrüblicher, dass ich für den zweiten Abend in Durness eine andere Unterkunft finden muss. Zum ersten Mal werde ich in einem Hostel absteigen. Auch eine Erfahrung.

Zunächst ist der Tag aber dem 9-Loch-Layout am Ende des Ortes, in der Nähe des Endes der Welt, gewidmet. Sarah und Neil erzählen noch davon, dass sie auch vor relativ Kurzem dort Mitglied geworden sind - für 50 Pfund im ersten Jahr, wenn ich mich recht erinnere. Der reguläre Jahresbeitrag beträgt 175 Pfund. Außerdem wussten sie zu berichten, dass der Greenkeeper das Platzes sein Handwerk in Brora, einem meiner absoluten Lieblinge, gelernt hat und jüngst zum Young Greenkeeper of the Year gewählt worden ist. Scheint zu stimmen: LINK zur Northern Times. Das tat meiner Vorfreude auf den Tag, der sich äußerst sonnig zeigte, nicht gerade Abbruch.

Ich brauchte ca. 10 Minuten zum Platz. Und schon bei der Anfahrt konnte man sehen, dass die Lage besonders ist: Steilküsten, ein schöner Sandstrand und auf der anderen Seite die Hügel der Northwestern Highlands als Kulisse. So schlecht konnte der Platz gar nicht sein, als dass es sich nicht lohnen würde, hier ein bisschen zu spielen. Angesichts des Wetters habe ich mich auch gleich für die Tageskartenoption entschieden. Das Clubhaus war genauso verwaist, wie der Rest des Platzes, so dass ich das Greenfee einfach im Briefkasten einwarf und loslegte.

In der ersten Runde war ich mitunter noch etwas verwirrt, da das Gelände nicht immer – nein, eigentlich fast nie- hergibt, dass man nach dem Schlag noch weiß, wo es als Nächstes hingeht, aber ab der zweiten Runde war dieses Problem natürlich nicht mehr so groß. Die echte Herausforderung des Tages und scheinbar auch generell, wie mir verschiedene Seiten bestätigten, war der Wind. Wenn ich bedenke, dass der Tag ansonsten durch schönstes Wetter auffiel, kann ich mir vorstellen, dass die Bedingungen ziemlich moderat waren und dass auch der Wind vermutlich gerade mal mäßig war. Aber ehrlich gesagt habe ich nicht oft so einen Luftzug erlebt. An einigen Stellen musste ich mich geradezu in den Wind lehnen. Vermutlich kann man sich vorstellen, welchen Einfluss das auf den Ballflug hat. Aber: If it’s breezy, swing it easy :-) Wie schon mehrfach auf dieser Reise merkte ich, wie egal mir der Score ist, wenn ich einfach so vor mich hin spiele. Was für ein wunderbarer Golftag, an dem ich den ganzen Platz für mich alleine hatte, Milliardärsgolf.

Zwischen den Runden zwei und drei verweilte ich ein Stündchen im weiterhin völlig einsamen Clubhaus und wartete einen kurzen und heftigen Regenschauer ab. In dieser Zeit betrat ein Paar aus Deutschland den Raum und wir plauderten ein bisschen über ihre Reise. Wie schön, dass sie erzählten, dass sie vor ein paar Tagen in Tain gewesen wären. Das ist ein Club, der in der ohnehin schon freundlichen Region nördlich von Inverness, noch einmal besonders durch Herzlichkeit auffällt. Die beiden waren nach eigener Auskunft noch Anfänger, aber das störte in Tain niemanden. Man lieh ihnen aus dem Fundus und ohne weitere Gebühr zwei Schlägersätze, erklärte ihnen den Platz, und los ging’s. Sie haben sich köstlich amüsiert, sagten sie. Spätestens das war der Augenblick, in dem ich beschloss, auf der Rückfahrt unbedingt in Tain Halt zu machen.
Sollten die beiden zufällig das hier lesen: Es sollte wirklich nicht arrogant klingen, als ich eher davon abriet, den hiesigen Platz als Anfänger zu spielen, aber die Wiese in Durness ist bei dem Wind meiner Meinung nach für Anfänger kein Spaß. Andererseits: Vielleicht gerade doch, denn so unwichtig wie hier ist es selten, welches Ergebnis man zusammenkegelt.

Klare Empfehlung: Erstens sollten alle Schottlandurlauber mal in diese Gegend kommen, weil es hier einfach wild-wunderbar ist und wenn man dem Golfsport frönt, dann schadet es auch ganz und gar nicht, wenn man die Schläger mitbringt.

Abends ging es dann ins Hostel. Durness weist überraschenderweise gleich zwei solcher Etablissements auf. Ganz zuverlässig hatte ich mich für das Falsche entschieden. Ich wählte das alte, die Jugendherberge. Nicht, dass es grundsätzlich dramatisch gewesen wäre, denn es war sauber und gut organisiert. Dennoch waren für die erste Übernachtung in einem Hostel ein 12-Bett-Zimmer doch etwas viel. Zunächst hätte es nicht entspannter sein können. Als ich das Zimmer betrat, war neben mir nur ein einzelner weiterer Gast dort. Er stellte sich als Deutscher heraus, der mit seiner Frau eine Motorradrundreise machte. Wir plauderten eine ganze Zeit und als er von der umgebauten alten Schule erzählte, in der sie wohnen würden, wurde es immer spannender. Ich meinte, dass so etwas ein interessanter Ansatz sei, da hier auch genug Platz für ein adäquates Atelier für meine Liebste wäre. Das fand er dann wieder spannend und wir wechselten das Thema Richtung Skulptur. Es stellte sich heraus, dass er zwar Physiker war, aber schon seit vielen Jahre seine Leidenschaft im Anfertigen von Skulpturen auslebte. Als nächstes folgte dann die Geschichte, dass er das letzte Jahr mit einer sehr spannenden Installation verbrachte und zwar als technischer Kopf (nicht künstlerischer, natürlich, wie er betonte) hinter der Pendel-Arbeit von Gerhard Richter in Münster, die vor wenigen Wochen enthüllt worden ist. Ein Projekt, das ihn nachhaltig beeindruckt hat, er konnte ewig und sehr lebhaft davon erzählen. Danke dafür, ein riesiger Spaß und eine tolle Begegnung!

Apropos Pendel jedoch: Es schlug dann noch in die andere Richtung aus, als der Rest der Zimmerbelegung offensichtlich aus einem nahegelegenen Pub dazuströmte und ein eindrucksvolles Beispiel dafür lieferte, dass alte Männer, die in einer größeren Gruppe Motorrad fahren, nicht unbedingt humanistische Grundwerte als Leitbild für ihre Reise wählen. Es war eine eher unruhige Nacht, die auch nicht durch die beste aller möglichen Geruchs- und Geräuschmischungen im Gedächtnis blieb.

Irgendwann ging auch diese zu Ende. Und ein weiterer Tag mit einer anspruchsvollen Radetappe sollte folgen, denn zurück war der Weg tatsächlich noch anstrengender.

Dieser Tag erhält den Umberto-Eco-1988-Preis in silber.

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