Über mich

Radfahren heißt auch, Verantwortung zu übernehmen (liebe Grüße an S und F!). Also bin ich heute nicht losgefahren, ohne ein vernünftiges Frühstück zu mir zu nehmen. Ein nettes kleines Café, von denen es erstaunlich viele hier gibt, wenn man bedenkt, wie rau die Gegend ist. Da erwartet man irgendwie eher verrauchte und dreckige Kaschemmen. Aber nein: Zuvorkommende und zugewandte Servicekräfte sind bemüht, eine anheimelnde Atmosphäre zu schaffen. Schaffen sie!

Es hat mich dann etwas länger dort gehalten, das Schreiben von Reiseberichten macht im Warmen und an einem Tisch auch mehr Spaß. Ich bin erst gegen 12 Uhr losgekommen mit dem Ziel Stranraer, etwas über 100 km nach Westen. Der Campingplatz war schon gesucht, gefunden, gebucht, ein Haken also an dieser Aufgabe. Eigentlich musste ich nur noch strampeln. Das ging auch ziemlich gut, vor allem im Vergleich zum Beginn des Vortages. Zumal es ebenfalls direkt zum Start den höchsten Anstieg zu bewältigen galt. Allerdings nur den höchsten, nicht den steilsten. Ein wesentlicher Unterschied, wie ich später herausfand. Ganz zufrieden mit mir machte ich also nach 2 Stunden eine kurze Pause in einer netten Bucht. Auch danach lief alles blenden, das Wetter war ebenfalls mehr als brauchbar.

Dann machte ich allerdings irgendwann Bekanntschaft mit der schottischen Vorstellung eines Radweges. Das ist ohnehin ein Thema für sich, da sie eigentlich so gut wie nicht vorhanden sind und der größte Teil des Weges direkt an der Landstraße entlang führt. Das wusste ich allerdings vorher und die meisten anderen Fahrzeuge verhalten sich sehr rücksichtsvoll. Allerdings ist das Fernradwegenetz gut ausgeschildert und tatsächlich ist ein Großteil meiner Reiseroute entlang der National Cycling Route 7. Die allerdings schlägt mitunter tolle Kapriolen. Zum Beispiel kurz hinter Palnure, als sie im rechten Winkel nach rechts von der Straße abbog, mittels eines Gatters den Weg versperrte, um dann sofort mit einer gewaltigen Steigung nach oben führte. Mal abgesehen davon, dass mir in diesem Moment die Kette vom kleinen Kettenblatt gerutscht ist, was schon den Versuch des Weiterstrampelns verhinderte: Hier wäre ich nie hinaufgekommen. Also, auf dem Sattel sitzend, meine ich. Es war schon eine echte Herausforderung, das schwere Rad zu schieben und kurzzeitig huschten Erinnerungen an unzählige Stunden mit Arztserien und Wiederbelebungsversuchen an mir vorbei, aber glücklicherweise war das Licht, auf das ich zuging, doch das Ende des Anstiegs, also ging es weiter. Dort gab es dann ganz nette Ausblicke, aber vor allem auch ein Schild, das den Anstieg mit immerhin 30% Steigung auswies. Ja, okay, das hätte ich nicht mal ohne Gepäck mit Rennrad geschafft, fürchte ich.

Abgesehen von ein paar weiteren Gattern im weiteren Verlauf – das allgegenwärtige Vieh macht diese Maßnahme wohl notwendig, wenngleich ziemlich lästig – waren die nächsten paar Kilometer dann ganz entspannt. Permanentes Auf und Ab war zwar weiterhin ein wichtiges Grundprinzip, aber alles blieb im Rahmen. Bis ich dann zum zweiten Mal auf dieser Etappe meinen Stolz am Wegesrand stehen lassen musste: diesmal waren es zwar nur ca. 10%, aber über knapp 10 km, so dass es irgendwann nicht mehr radelnd klappte. Die letzte Rampe musste ich wieder schieben. Natürlich traf ich ausgerechnet auf diesem Stück den einzigen Rennradler, der mich von hinten überholte… die Dame schnaufte mir irgendwas von „too heavy“ zu, meinte aber sicher mein Gepäck und nicht mich. Immerhin war sie auch auf dem größten Ritzel unterwegs, das beruhigte mich ein wenig. Ich brauchte dann noch einige Zeit, bis ich oben angekommen war. Und dann kamen auch nur noch 30 km bis zum Zeltplatz. Nun ja, eine ordentliche Pause mit Sandwiches und Banane später und ich konnte den Rest in Angriff nehmen. Immerhin war der Weg entweder wirklich schön mit tollen Küstenabschnitten oder wenigstens frei von Autoverkehr.

Kurz vor Ende der Etappe fragte ich mich noch, ob hier wohl im nächsten Jahr alle Schilder des Fahrradwegenetzes ausgetauscht werden? #ReBrentrance

Endlich kam ich am Zeltplatz an. Der war zwar keine Schönheit, aber immerhin gab es eine heiße Dusche, nachdem ich mir noch beweisen konnte, dass meine Routine im Zeltaufbau mittlerweile auch im mittelstarken Regen tragfähig ist.

Auf der offenen cycgo-Skala kriegt dieser Tag eindeutig 87 von 100 radelnden Sisyphos.

Kommentare   

#2 S 2018-08-16 10:58
Nichtstun heisst auch Verantwortung übernehmen.
Sonnige Grüsse vom Pool im Piemont!
#1 Olli 2018-08-16 04:37
:lol: Ein Heidenspass, dein Reisebericht. Bloss nicht abreissen lassen!

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